Um ein Android-Smartphone richtig zu nutzen, ist für wichtige Funktionen, wie z.B. Kalender- und Kontakt-Synchronisierung oder das Herunterladen und Kaufen von Apps im Normalfall ein Google-Konto erforderlich. Doch die jüngsten zumindest fragwürdigen Änderungen an den Datenschutzbestimmungen des Unternehmens haben mich dazu veranlasst, zu prüfen, ob es Möglichkeiten gibt, die Google-Dienste zu umgehen und die Daten nur auf eigenen Servern zu speichern und soweit wie möglich auf Google zu verzichten.
Ist das überhaupt möglich? Ja! Es gibt sogar mehrere Herangehensweisen mittels Zarafa oder ownCloud. Wobei Letzteres zu meiner Lösung geworden ist.
Zarafa
Zunächst bin ich bei meinen Recherchen auf den Zarafa-Server gestoßen, einen Groupware-Server ähnlich Microsoft Exchange. Nur, dass es davon auch eine kostenlose Community-Edition gibt, die sich u.a. auf einem Ubuntu-Server installieren lässt.
Obwohl hiermit auch eine Synchronisation des Kalenders, der Kontakte und E-Mails unter Android möglich ist, hat mich diese Lösung abgeschreckt, da ich dafür einen eigenen Server hätte aufsetzen müssen, da das Installieren von Zarafa auf einem hosted Web – zumindest bei mir – nicht möglich war.
ownCloud
Update 07.10.12: Die URLs für Kalender und Adressbuch haben sich mit ownCloud 4 geändert. Dazu mehr in Kürze.

Nach weiterer Suche fand ich ownCloud – einem kostenlosen Open-Source-Cloud-Server.
Der Begriff „Cloud“ hat für mich einen negativen Beigeschmack – die Daten liegen irgendwo (evtl. auch außerhalb Deutschlands) und es ist nicht klar, wer außer mir darauf zugreifen kann. Der Vorteil bei dieser Lösung liegt auf der Silbe „own“. Der Server wird auf einem eigenen Webspace oder privaten Server installiert, bei dem bekannt ist, wo er steht und selbst gesteuert werden kann, wer Zugriff darauf hat.
Mit ownCloud ist nicht nur die Synchronisation des Kalenders und der Kontakte unter Android möglich (es werden zwar kostenpflichtige Apps für die Synchronisierung benötigt, die Kosten dafür belaufen sich aber insgesamt auf knapp über 6 Euro), sondern kann die Cloud auch für andere Dinge nutzen, wie Bookmark- und Datei-Synchronisation. Darauf gehe ich aber in einem anderen Beitrag ein.
Installation von ownCloud (am Beispiel des Webhosters 1blu)
1. Zunächst einmal wird das Installationspaket von ownCloud benötigt. Den Inhalt einfach per FTP auf den Webserver kopieren, sodass ein neues Verzeichnis entsteht, z.B. http://www.example.com/owncloud
2. Eine Datenbank für ownCloud anlegen (in meinem Fall ist es MySQL). Für die Installation von ownCloud werden Hostname, Benutzername und Passwort benötigt.
3. Dem Verzeichnis „owncloud/config“ die Berechtigung 777 geben
4. Für die Installation muss nun im Browser „http://www.exmaple.com/owncloud“ aufgerufen werden. Die nächsten Schritte sind selbsterklärend – es wird ein Admin-Benutzer angelegt, mit dem später weitere Benutzer für die Cloud angelegt werden können. Und die Datenbank wird initial befüllt, wofür die Angaben aus Schritt 2 benötigt werden
5. Bei mir kam es zum Abschluss der Installation zu einem PHP-Fehler. Dieser kann aber ignoriert werden und die Login-Maske der Cloud unter „http://example.com/owncloud“ aufgerufen werden
Das war’s schon mit der Installation. Mehr muss nicht konfiguriert werden, um Kalender- und Kontakt-Synchronisierung sowie Datei-Synchronisierung (und damit auch Bookmarks) nutzen zu können.
ownCloud-Benutzer einrichten und konfigurieren

Jeder Nutzer, der einen (oder mehrere) Kalender oder Adressbücher in der ownCloud nutzen und synchronisieren möchte, benötigt einen Benutzer. Diese können einfach mithilfe des während der Installation angelegten Admin-Nutzers hinzugefügt werden. Diese Nutzer haben automatisch bereits einen default-Kalender, auf dem per calDav über folgende URL zugegriffen werden kann:
http://www.example.com/owncloud/apps/calendar/caldav.php/calendars/BENUTZERNAME/default calendar
Allerdings empfiehlt es sich, hier einen Kalender mit einem anderen Namen anzulegen, z.B. „default“. Die Adresse des „default Calendar“ hat nämlich ein Leerzeichen. Das macht Android und Thunderbird nichts aus, trotzdem könnte es später Probleme geben, denen man so aus dem Weg gehen kann.
Daher lieber einen Kalender namens „default“ anlegen, der folgende Adresse bekommt:
http://www.example.com/owncloud/apps/calendar/caldav.php/calendars/BENUTZERNAME/default
Um diesen Link in der ownCloud anzeigen zu lassen, genügt im Kalender ein Klick auf „Kalender“ rechts oben, und im daraufhin aufgehenden Layer neben dem gewünschten Kalender auf das Weltkugel-Symbol „calDAV-Link“ klicken.
Über den gleichen Weg kann auch der cardDAV-Link zum Adressbuch angezeigt werden: im Adressbuch rechts oben auf „Adressbücher“ klicken, dann neben dem Adressbuch auf „cardDav-Link“ klicken. Dieser ist für das default-Adressbuch:
http://www.example.com/owncloud/apps/contacts/carddav.php/addressbooks/BENUTZERNAME/default
Diese beiden Adressen benötigen wir gleich noch für die Konfiguration der Synchronisation unter Android und auch Thunderbid, was ich aber auch in einem anderen Artikel beschreiben werde.
Konfiguration Android
Um den ownCloud-Kalender und das Adressbuch zu Synchronisieren, werden drei Apps benötigt:
- Cal-DAV-Sync (Android Pit-Link) – wird benötigt, um externe calDAV-Kalender einzubinden
- Card-DAV-Sync (Android Pit-Link) – wird benötigt, um externe cardDAV-Adressbücher einzubinden
- Contact Editor Pro (Android Pit-Link), bzw. Contact Editor (Android Pit-Link, gibt’s aber aktuell nur bei Google Play) – wird benötigt, damit die Kontakte von externen Adressbüchern editiert werden können. Die Free-Version reicht aus, damit die Änderungen auch synchronisiert werden. Die Pro-Version bietet allerdings noch weitere Editierungsmöglichkeiten als der Android-Editor für Kontakte.
Hinweis: In diesem Artikel geht es darum, möglichst von Google wegzukommen. Daher verlinkte ich die Apps nicht auf Google Play (Google Market), sondern auf Android Pit. Hier sind die Apps ein paar Cent teurer, aber für Android Pit wird kein Google-Account benötigt. Aber natürlich gibt es die Apps auch bei Google Play.
Kalender und Adressbuch im Android einrichten
Sobald die Cal-Dav-Sync-App installiert wurde, wird diese gestartet. Hier wird neben dem Benutzernamen und Passwort in der ownCloud auch die o.g. Adresse des entsprechenden Kalenders eingetragen, der synchronisiert werden soll. Es wäre sehr sinnvoll, auch SSL zu aktivieren, wenn der Server SSL unterstützt. Damit wäre das Synchronisieren über das Web verschlüsselt. Dann nur noch den Benutzernamen und das Passwort angeben.
Das Adressbuch lässt sich ganz genauso konfigurieren wie der Kalender, sobald die App Card-DAV-Sync installiert ist.
Soll die Konfiguration geändert werden, z.B. das Intervall der automatischen Synchronisation herabgesetzt (liegt im Standard bei 1x pro Tag), kann einfach in den Einstellungen unter „Konten und Synchronisierung“ geändert werden.
In den Einstellungen zum Kalender können auch weitere Kalender zur Synchronisation ausgewählt werden, wenn es mehr als einen in ownCloud zum aktuellen Benutzer gibt. Durch einen langen Klick auf einen der Kalender in der Auswahl können auch der lokale Name und die lokale Farbe des Kalenders geändert werden.
Fazit
Super – ein großer Schritt, um auf dem Android weg von Google zu kommen. Es ist zwar mit ein bisschen Arbeit verbunden, aber es lohnt sich. Noch ein bisschen Testen, und ich werde meine Kalendereinträge und das Adressbuch bei Google leeren. Bisher klappt das Synchronisieren erfreulich problemlos – und das sogar verschlüsselt mit SSL.
Die ownCloud bietet neben den Features zur Synchronisierung des Kalenders und Adressbuchs mit Android noch weitere Features – z.B. die Synchronisierung mit Thunderbird, Bookmarks und Passwörter von Firefox können synchronisiert werden, es gibt einen Client zum Synchronisieren von Verzeichnissen mit der ownCloud und noch viel mehr, was ich nicht probiert habe. Dazu werde ich nach und nach Berichte schreiben.